Einladung zum exit!-Seminar 2019, 04.–06.10.2019 in Mainz
Geschlecht, Subjekt, Krise
Nach der Hoch-Zeit des Dekonstruktivismus in den 1990er Jahren ist heute nach verschiedenen Krisenschüben, vor allem dem Finanzcrash 2008, ein „materialistischer Feminismus“ wieder „in“. Kongresse und Sammelbände zu diesem Thema gibt es mittlerweile zuhauf. In diesem Zusammenhang findet auch die Wert-Abspaltungs-Kritik verstärkt Aufmerksamkeit, sowohl an der Universität als auch in linksfeministischen Szene-Gruppierungen. Dies birgt allerdings die Gefahr, dass die Wert-Abspaltungs-Kritik oder Teile von ihr vereinnahmt und/oder verflacht werden. Insbesondere vor einer wert-abspaltungs-theoretischen Krisen-Theorie, die von einem Zusammenbruch bzw. dem Niedergang des Kapitalismus spricht, scheut man/frau weithin zurück.
Dabei geht die Mär um, dass sich die Theorie der Wert-Abspaltung auf einer reinen Metaebene bewege und reale Frauen nicht berücksichtige, so Koschka Linkerhand, die sich andererseits durchaus auch auf die Wert-Abspaltungs-Kritik bezieht (z.B. emafrie.de). Auch Norbert Trenkle von der Zeitschrift „Krisis“ macht ähnliche Einwände geltend. Die Wert-Abspaltungs-Kritik, auf die er angeblich auch selbst rekurriert, bewege sich bei Exit bloß auf einer Metaebene, die Individuen blieben außen vor. Stattdessen würde „Krisis“, vor dem Hintergrund einer allgemein gedachten Wertkritik (die in Wirklichkeit seitens der Wert-Abspaltungs-Kritik eben selbst eine androzentrische ist – die Entstehung der Wert-Abspaltungs-Kritik hat sich selbst zentral in der Kritik dieses Umstands herausgebildet!), die subjektive Ebene de facto hereinnehmen, wohingegen Subjekt und Individuum bei Exit erst durch (theoretische) Anbauten einbezogen würden (siehe auch Es bedarf einer neuen Perspektive gesellschaftlicher Emanzipation, Interview mit Ernst Lohoff und Norbert Trenkle/ Gruppe Krisis von Marcos Barreira und Javier Blank/ Rio de Janeiro).
Ignoriert wird hier nicht bloß die Widerspruchsstruktur etwa zwischen Psychologie und Soziologie, die Adorno aufgezeigt hat, an dessen Überlegungen die Wert-Abspaltungs-Kritik anschließt, wobei das gesellschaftlich Ganze als gebrochene Totalität unter Einbeziehung ebenso der kulturell-symbolischen Ebene begriffen wird; ignoriert wird auch, dass bei Exit längst Reflexionsprozesse hinsichtlich des Verhältnisses „gesellschaftliche Form und konkrete Totalität“ stattgefunden haben und die Wert-Abspaltungs-Kritik dabei auf einen dialektischen Realismus hinaus will. Reflektiert werden muss all dies jedoch innerhalb des wert-abpaltungs-fetischistischen Gesamtzusammenhangs, wobei die fetischistische Objektivität, auch wenn sie von den Individuen erzeugt ist, diesen als verselbständigte vorgelagert ist.
Im diesjährigen Exit-Seminar „Geschlecht Subjekt Krise“ soll nun zumindest in einigen Aspekten aufgezeigt werden, dass die Dimensionen von Subjekt und Individuum längst Bestandteil einer wert-abspaltungs-fetischismuskritischen Betrachtung sind, in der von einem schon immer in sich gebrochenen kapitalistischen-patriarchalen Gesamtzusammenhang ausgegangen wird.
Programm und Anmeldung